VORTRAG: Im Spiegel des Geistes: Eine Pilotstudie zur Analyse des künstlerischen Ausdrucks bei Menschen mit Schizophrenie- und Abhängigkeit
Lea Pusdrowski
Gegenstand der Arbeit ist eine quantitative Untersuchung des künstlerischen Ausdrucks bei Menschen mit Schizophrenie-Erfahrung und komorbider Abhängigkeitserkrankung. Im Rahmen einer Pilotstudie in der Ameos Eingliederungshilfe Heiligenhafen, wurden 202 Kunstwerke von insgesamt 13 schizophrenie-erfahrenen Autodidaktinnen mit komorbider Abhängigkeitserkrankung erhoben. Das erhobene Bildmaterial wurde mittels des RizbA-Fragebogens (Schoch, 2018) von Expertinnen des künstlerischen Feldes bewertet. Zum Vergleich wurde ebenfalls Bildmaterial aus einer vorangegangenen Studie (Schoch & Ostermann, 2023) von gesunden Autodidakt*innen herangezogen und mit dem Bildmaterial der schizophrenie-erfahrenen Gruppe verglichen (n = 496). Ziel der Arbeit war es, signifikante Unterschiede zwischen den Werken hinsichtlich Farb- und Kontrastnutzung, geometrischer Formgebung, Perspektive, gestalterischer Präzision und Anzeichen unruhiger Kompositionen zu identifizieren. Die statistische Auswertung erfolgte mittels einfaktorieller Varianzanalyse. Dabei zeigten sich in nahezu allen analysierten Fragebogenitems signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Besonders hervorzuheben ist hier die Nutzung geometrischer Formen, in der die schizophrenie-erfahrene Gruppe (M = 2.40, SD = 1.48) signifikant höhere Ergebnisse als die Kontrollgruppe (M = 1.88, SD = 1.20; p = < .001, η² = .03) aufweist. Ebenso lässt sich festhalten, dass die Bilder der schizophrenie-erfahrenen Gruppe innerhalb dieser Erhebung präziser wirken (M = 2.88, SD = 1.10), als jene Bilder der Kontrollgruppe (M = 2.25, SD = .99; p = < .001, η² = .08). Diese Ergebnisse könnten somit Rückschlüsse auf die in dieser Arbeit hypothetisierte Annahme liefern, dass veränderte visuelle Wahrnehmungsprozesse möglicherweise mittels einer strukturierenden Gestaltungsstrategie kompensiert werden könnten.
Lea Pusdrowski ist als Kunsttherapeutin (M.A.) in der AMEOS Eingliederungshilfe Heiligenhafen tätig. Schwerpunktmäßig arbeitet sie dort mit Menschen mit Schizophrenie- und Abhängigkeitserfahrung zusammen, weshalb sie die Kunstwerke dieser Zielgruppe ebenfalls zum Forschungsgegenstand ihrer Masterarbeit gemacht hat. Ihren Bachelor absolvierte Lea Pusdrowski in Leeuwarden in den Niederlanden an der NHL Stenden und den Master an der Medical School Hamburg. Beide Studiengänge ermöglichten es ihr, eine systemische und prozessorientierte therapeutische Arbeitsweise zu entwickeln.